Montag, 12. September 2011

Der 11. September ... eine Einordnung (2)

Ja Servus,

wie angekündigt, hier nun der 2. Teil.

b) Der 11. September ... 1973 (!)

Was verbinden wir mit dem 11. September? Den Dienstag, an dem 3000 unschuldige Menschen starben. 

Der 11. September 1973 war auch ein Dienstag. An diesem Tag wurde Salvador Allende, "...der im Gegensatz zu Bush demokratisch gewählte Präsident Chiles..." (Volker Pispers), mit Hilfe der CIA aus dem Amt geputscht. Und auch damals starben 3000 Menschen. Welch grausame Analogie. Der Befehlsgeber für den Allende-Putsch, Henry Kissinger, erhielt den Friedensnobelpreis.


Salvador Allende

Ersetzt wurde Allende durch eine US-freundliche, faschistoide Militärdiktatur unter der Leitung von Augusto Pinochet. Dieser setzte während seiner Amtszeit, ganz im Sinne der US-Macht in seinem Rücken, wirtschaftsliberale Reformen durch. Politische Gegner wurden verhaftet, oft auch gefoltert (über 94%), man liess sie verschwinden, oder brachte sie einfach um. Heute spricht man von über 27.000 politisch motivierten Verhaftungen, über 2000 politischen Morden und weiteren 1000 Menschen, von denen  bis heute jede Spur fehlt.

Wenigstens "verdanken" wir diesem Putsch die Literatur einer Isabel Allende

Aber dieser 11. September 1973 ist nur ein weiteres Beispiel in einer langen Kette aussenpolitischer "Erfolge" der USA. Die Amerikaner hatten nie viel Glück bei der Auswahl ihrer regionalen Verbündeten zum Aufbau eines "Bollwerks gegen den Kommunismus". Am Ende erzeugte man sich immer einen neuen Erzfeind. 

Es sei erwähnt das Hochrüsten des Schahs von Persien als "Bollwerk gegen den Kommunismus", der durch seine Repressalien das Volk dazu brachte, sich um einen religiösen Führer zu scharen. Dann kam die schiitische Revolution, die den Schah vom Pfauenthron fegte, und den heute regierenden Präsidenten Ahmadinedschad mit all seinen reizvollen Facetten wie Judenfeindlichkeit und Holocaustleugnung erst möglich machte.

Als dann aus dem verbündeten Persien der Erzfeind Iran geworden war, wandte man sich an den benachbarten Diktator Saddam Hussein. Der war schon als grausam und skrupellos bekannt, also machte man ihm Mut, den neuen Erzfeind zu überfallen. Als der aber nach acht Jahren Krieg und einer Million Toten nicht weiterkam, liess man ihn fallen. Und so holte sich der ehemalige Verbündete Hussein in Kuwait das, was ihm im Iran versprochen worden war: Ölquellen. Und so wurde wieder ein "Bollwerk gegen das Böse" zum "Bösen selbst". 

Eine Militärintervention unter Führung der USA drängte den ehemaligen Verbündeten und aktuellen Erzfeind Hussein in den Irak zurück. Dass nach dem Sieg der "Coalition" in den arabischen Ländern Truppen stationiert blieben, ist für einen gläubigen Muslim noch heute ein Sakrileg. Wir können das ja nicht nachvollziehen: schliesslich sind weder in Jerusalem, noch in Rom oder in Wittenberg sunnitische Eliteeinheiten stationiert.

Und das böse Spiel "Bollwerk gegen das Böse" wird zum "Bösen selbst", wiederholte sich auch in Afghanistan: ein junger Araber namens Osama Bin Laden war in den 80er Jahren einer der Finanziers im Kampf der Mudjahidin gegen die Sowjets. Auch von den USA wurde er unterstützt...zumal seine weitverzweigte Familie beste Geschäftsverbindungen in die USA hatte. Besonders zur Familie Bush.

Man beschaffte ihm nicht nur die Waffen...man half ihm auch bei der Anwerbung arabischer Kämpfer, Söldner mithin. Es sollen über 100.000 gewesen sein. Damals war der Muslim noch der Freund der USA: das war die Geburtsstunde von Al-Quaida. Bin Laden hätte Al-Quaida auch ohne die Hilfe der USA hinbekommen...aber nicht so schnell und nicht so gut.
Und so kam es, dass sich die USA ihre jeweiligen Erzfeinde immer wieder selbst herangezüchtet haben. Ehemalige Verbündete, finanziert, hochgerüstet und in ideologische Stellvertreterkriege geschickt, die fallengelassen wurden, wenn sich der politische Wind drehte oder sich die Interessen verschoben. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie als grausame Diktatoren oder religiöse Wirrköpfe bekannt waren. Der Zweck heiligte die Mittel.
Eine der vielen -meist hirnrissigen- Verschwörungstheorien um die Anschläge vom 11.09.2001 besagt, dass die amerikanische Regierung die Anschläge selbst begangen hat, um sie dem Islam unterzuschieben. Das ist natürlich Unsinn.
Die Attentäter waren von Al-Quaida gesteuert, und nicht aus Langley. Sie waren fanatische Muslime, und sie  wurden von Bin Laden finanziert und inspiriert.

Aber:
die Radikalisierung der Muslime, das starke Aufflammen des Islamismus und die hohe Zahl an Fanatikern, die bereit sind, für einen Anschlag mit tausenden unschuldigen Opfern ihr Leben aufzugeben, sind eine der vielen indirekten Folgen der amerikanischen Aussenpolitik der letzten Jahrzehnte.

Und damit sind auch die Anschläge vom 11.09.2001 eine Folge davon. Aber wir haben ja nun endlich einen neuen Feind, nachdem die Sowjets sich so schändlich aus dem Staub gemacht haben: den Islam.

"Wenn man morgens aufsteht und weiss, wer der Feind ist
...dann hat der Tag Struktur"

- Volker Pispers

So long

Der Falke




PS: Die USA und die meisten ihrer Verbündeten haben 1980 die Spiele in Moskau boykottiert, weil die Sowjets damals in Afghanistan waren. 2012 sind Olympische Spiele in London.


Die Inspiration für diesen Artikel: 
Volker Pispers' "Geschichte des Terrorismus"