Sonntag, 1. September 2013

"Wir leben im Sozialismus"

WIE WEIT RECHTS steht man eigentlich, wenn man überall nur "Linke" sieht?!?


"Es ist erschreckend, wie schnell man vom Nationalkonservativismus zur Menschenverachtung kommt."


Ja Servus,

da fiel uns ja echt der Unterschnabel runter, als wir uns das im privaten Umfeld anhören mußten: in Deutschland würde man im Sozialismus leben. Aha!

Na danke, das hatten wir bislang noch gar nicht gewußt. Endlich wurden uns die Augen geöffnet. 

Stimmt, wir haben uns mal umgeschaut: 
  • die Aktiengesellschaften werden verstaatlicht, mithin auch die Produktionsmittel enteignet und in Staatsbesitz überführt, 
  • linksanarchistische Gruppen marodieren durchs Land und verüben politisch motivierte Anschläge auf Wirtschaftsführer und Produktionsstätten, 
  • Myriaden von Langzeitarbeitslosen und HartzIV-Aufstockern blockieren Autobahnen und Bahnschienen und fordern die permanente Revolution à la TROTZKI
  • Märkte und Aktienbörsen werden geschlossen und die Verteilung der Güter staatlicherseits organisiert, 
  • Bänker zerreißen ihre Millionenverträge und freuen sich auf ihre Beamtenbezüge,
  • BWL und VWL als Studienfach sind abgeschafft
  • wer Philosophie studiert, muß Marx auswendig lernen
  • Frau Merkel tritt der "Linken" bei
und so weiter und so fort. Sozialismus pur, wohin man schaut. Völlig richtig. 

Natürlich nicht!

Die Frage ist daher, wo das kürzlich verstorbene CDU-Mitglied Friedrich Wilhelm SIEBEKE den "Linkstrend" in der Gesellschaft gesehen hat, so daß er seine "Aktion Linkstrend stoppen" aus der Taufe hob. Man soll ja nichts schlechtes über Verstorbene sagen, auch nicht in der Politik. Aber so ganz klar kann er die Realitäten in diesem unseren Lande nicht mehr gesehen haben.


Wollte den "Linkstrend" der CDU stoppen: Friedrich-Wilhelm Siebeke (1922 - 2013)
Bildquelle: jungefreiheit.de (ja, genau die!)

Denn wenn es wirklich einen Linkstrend geben würde, dann
  • würden wir keine Diskussion über einen Mindestlohn führen, sondern hätten ihn längst
  • hätte der Aufschwung der Zeitarbeitsfirmen wohl kaum stattgefunden
  • hätte es keine derart massive Verlagerung der Arbeitsplätze weg vom Vollzeitjob hinein in den Niedriglohnsektor gegeben
  • würde niemand, der 8 Stunden täglich arbeitet, auch noch staatliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um auf einem gewissen Mindestniveau an der Gesellschaft teilhaben zu können
  • würde niemand, der 45 Jahre in die Rentenversicherung einzahlt, Sorge haben, daß seine Rente nicht reicht
  • würden wir keine Diskussion um die Ausbeutung von deutschen und ausländischen Arbeitskräften mit der Zweckentfremdung von Werkverträgen führen
  • würde wohl niemand freiwillig am hellichten Tag Flaschen aus Mülleimern in Fußgängerzonen klauben
  • wäre es wohl kaum möglich, sich bei einer Regierungspartei ein Gesetz zur Mehrwertsteuerermäßigung zu kaufen
  • wären die vielen Bundesgesetze, die Lasten des Bundeshaushalts auf Länder und Kommunen verschieben, wohl kaum erlassen worden
  • hätten alleinerziehende Frauen wohl kaum Probleme, ihre Kinder in eine qualifizierte Betreuung zu geben, so daß sie das Gemeinwohl durch ihre "Werktätigkeit" stärken können
  • hätten wir keine Zwei- und beginnende Drei-Klassen-Medizin
  • hätten wir kein Schulsystem, welches die Aufstiegsmöglichkeiten seit Jahren vom Bildungsniveau des Elternhauses abhängig macht
  • wären wir wohl nicht bei der Weltmeisterschaft im Rüstungsexport auf Platz 3 gelandet
  • wäre die Lage in der deutschen Alten- und Krankenpflege nicht so sehr vom persönlichen Engagement unterbezahlter und überlasteter Pflegekräfte abhängig
  • wären unsere Erzieher bzw Erzieherinnen in den Kindergärten und Tagesstätten nicht so gnadenlos unterbezahlt
  • wäre die Kommission, die die Medikamentenpreise festlegt, die die gesetzlichen Krankenkassen zahlen müssen, wohl kaum zu 51% von der Pharmaindustrie besetzt
  • und und und und und...

Soviel dazu. Da erschließt sich ja noch viel mehr von selbst. Man muß nur mal hinschauen. 
Und vielleicht auch einfach mal auf dem Weg zur Arbeit - vom Anwesen zur Anwaltskanzlei - einen Umweg fahren. Vielleicht mal aus Mettmann oder Ratingen raus, hin zum Konrad-Adenauer-Platz (!) in Düsseldorf - da ist nämlich der Hauptbahnhof. Oder sich mal eine halbe Stunde bei NETTO auf den Parkplatz stellen und zusehen, wer da was und wieviel einkauft. Oder sich auf einen Chickendöner mit Bulgur in der 2a- oder 2b-Immobilienlage hinsetzen und den Leuten zuschauen, die vorbeigehen. 
Warum also gründet man als CDU-Mann eine derartige Bewegung? Warum sieht man einen "Trend", den der eigene Generalsekretär als "absurd" bezeichnet? Wir wissen es nicht.

Was wir aber wissen, ist, daß die Grenzen nach ganz weit rechts offenbar fließend sind. Denn die "Neue Rechte", die unseres Erachtens nach weitestgehend außerhalb des demokratischen Spektrums angesiedelt ist, ist weiter auf ihrem Weg in die Mitte der Gesellschaft. Geschützt von der oft demonstrativ positiven oder zumindest neutralen Haltung zu Israel, was sie auf den ersten Blick unverdächtig macht und eine einlullende Wirkung hat. Und was so ziemlich das einzige ist, was sie von der NPD unterscheidet. In fast allen anderen politischen Positionen herrscht eine frappierende Übereinstimmung zwischen "Neue Rechte" und den Ewiggestrigen. 

Denn man hat erkannt, daß Judenfeindlichkeit abschreckt und nicht mehrheitsfähig ist. Also baut man jetzt am intellektuellen Überbau eines Rechtsextremismus 2.0, der ohne biologistische Komponente und Rassismus auskommt, und statt dessen kulturelle Unterschiede betont. Das Ergebnis ist aber das Gleiche: "Ausländer raus!".
"Früher hieß das 'Ausländer raus', und kam aus der Gosse.
Heute heißt das 'Islamkritik', und kommt von ganz oben."
- Hagen Rether, 2007 

Aktuell ist auf der Webseite der "Aktion Linkstrend stoppen" neben den vielen Nachrufen auf Siebeke noch der Hinweis auf eine Veranstaltung des sächsischen Arms der "Aktion Linkstrend stoppen" zu sehen, zu der Felix MENZEL im vergangenen Juli erwartet wurde.
Felix Menzel gilt als Vertreter des libertären Arms der "Neuen Rechten", und hat oft Mühe, sich von der direkten Nähe zum Rechtsextremismus zu distanzieren. Er bezeichnet sich jedoch selbst als "neurechts" und wurde schon wg Beleidigung der GRÜNEN-Vorsitzenden Claudia ROTH verurteilt. Strafrechtlich. 


Screenshot vom 01.09.2013

Menzel kommt die gleiche Scharnierfunktion zum Rechtsextremismus zu wie der Rechtspostille "Junge Freiheit" oder den einschlägigen Online-Magazinen wie "eigentümlich frei", den Publikationen eines Manfred KLEINE-HARTLAGE oder eines Götz KUBITSCHEK (dessen Postille sich bezeichnenderweise "Sezession" nennt). Dazu gesellt sich auch der Thinktank "Studienzentrum Weikersheim", welcher weiland noch von dem aufrechten Marine(hin)richter Hans FILBINGER (CDU!) gegründet wurde. Und der auf der Homepage der "Aktion Linkstrend stoppen" verlinkt ist.
Daß sich beim Studienzentrum Weikersheim bis 1995 der Neonazi Ulli Boldt als Leiter der Jugendgruppe ideologisch sehr wohl fühlte, daran scheint sich niemand zu stören. Und daß in den aktuellen "Zielen" die ganzen alten Schlager von der Zuwanderung in die Sozialsysteme gesungen werden, und man sich über die Abtreibung aufregt, wo doch die Bevölkerungszahl der Deutschen abnimmt, auch nicht. DAS also soll Konservatismus sein...soso. 

Screenshot: aus den "Zielen" des Studienzentrums Weikersheim. 
Klingt wie bei der NPD, nur intellektueller


Chef des famosen Studienzentrums war von 2001 bis 2003 Klaus HORNUNG. Der Hornung, der noch 1995 die von Rechtsextremismus und Neonazismus ausgehenden Gefahren für eine "Erfindung linker Publizisten" hielt. Zu der Zeit saß der spätere NSU-Terrorist Uwe Mundlos in einer Bundeswehr-Arrestzelle und wurde wegen seiner offensichtlichen politischen Motivation bereits vom MAD vernommen. Für den ersten Mord im September 2000 brauchte Mundlos da nur noch 5 Jahre. Die Straftaten und Auffälligkeiten bis dahin lassen wir mal unberücksichtigt. 

So kann man sich irren, Herr Hornung...
uns wäre aber lieber gewesen, Sie hätten sich NICHT geirrt. 

Felix Menzel selbst  spielt mit Begriffen wie "identitär", ohne jegliche Abgrenzung zu den "Identitären Bewegungen" in Deutschland und Frankreich, an deren Spitze glasharte Rassisten stehen. Im Gegenteil, es gibt Hinweise, daß Menzel selbst dort mitmischt.

Und sein Freund Kleine-Hartlage schreibt seit kurzem auch für den Hetzblog "Politically Incorrect", der eigentlich mal als Fanblog für George W. BUSH gestartet war. Heute aber wettert man dort gegen alles, was "Islam" ist oder sein könnte, gegen Grüne, "Linke" (übrigens parteiübergreifend), gegen Sinti und Roma (die man aber konsequent nur "Zigeuner" nennt), gegen Schwule (nanu...man kritisiert aber "die Muslime" hart  für ihren Umgang mit Schwulen), gegen den Klimawandel, FÜR Atomenergie und gegen Einwanderer allgemein. Zumindest gegen die mit dunklen Augen. 

Und man vergreift sich oft im Ton, vor allem in den Kommentarspalten. Ein regelrechter rassistischer Mob tummelt sich da, um das Wort von Stefan Niggemeier aufzugreifen. Beleidigungen sind noch das wenigste. Man generiert auch Mordaufrufe, oder nimmt sie zumindest billigend in Kauf. Und man läßt mit "Michael Mannheimer" einen verurteilten Volksverhetzer als Autoren zu ... dieser gilt sogar als "intellektueller Vorturner". Wenngleich das wohl eher ein Armutszeugnis ist ... wenn ausgerechnet DER da als intellektuell gilt...

Und nicht nur das.

Autor Michael STÜRZENBERGER, ein Ex-CSU-Mitglied (!), zitiert als Referenz für seine Pamphlete die Holocaustleugner-Postille "Nonkonformist", das NPD-Hausblatt "Deutsche Stimme" oder auch mal den verstorbenen Historiker Werner MASER, der selbst von der konservativen "WELT" in die Nähe des Holocaustleugners David IRVING gerückt wird. So daß man sich fragen muß, was dieser Stürzenberger so alles liest, daß er das a) präsent hat und b) als Quelle nutzt. 

"PI" trommelt auch für die rückwärtskatholische und frauen- und judenfeindliche Piusbruderschaft. Und mehr als einmal erschienen zeit- und themengleich Artikel "Pro Piusbruderschaft" auf Politically Incorrect und dem inzwischen geschlossenen Hetzblog "kreuz.net". Für den nachgewiesenermaßen auch NPD-Mitglieder und verurteilte Holocaustleugner schrieben. 
Besonders der offenbar völlig durchgeknallte PI-Autor "kewil" bedient den ganz ganz rechten Rand: er relativiert immer wieder die NSU-Verbrechen und veröffentlicht sogar Artikel, 
  • wonach Schwarzafrikaner korrupt sind, weil sie schwarz sind (aha...mal gut, daß es im "weißen" Europa keine Korruption gibt)
  • daß in den USA zuwenig "weiße Babies" geboren werden und er sich um "unser weißes Amerika" sorgt (Amerika war ja schon immer weiß...quasi schon in der Bronzezeit, gelle...)
  • daß der Nachfolger von "Peter PARKER" im neuen Spiderman-Comic kein Weißer mehr ist...sondern ein Mischling aus Schwarzer und Latino (unerhört!). 
Und zu allem Überfluß spricht er Juden die Fähigkeit ab, eine andere Staatsangehörigkeit zu haben als die israelische. Das alles haben wir hier aber bereits bis zur Erschöpfung  dargelegt.  

Politically Incorrect...das ist Rassismus durch die Hintertür (oft auch durch die Vordertür!), aber genauso klar und rein wie bei Hans F. K. GÜNTHER...dem Autoren der Nürnberger Rassegesetze (!). Bei dem Herr SARRAZIN (SPD!) übrigens für sein famoses "Deutschland schafft sich ab" abgekupfert hat. Nachweislich. 

Siebeke selbst schließlich war lange Zeit CDU-Parteirichter und sprach sich damals gegen den Parteiausschluß von Martin HOHMANN aus. Hohmanns Verhalten sei "nicht parteischädlich" gewesen.
Aha...naja, irgendwie stimmt das ja. KOCH und KANTHER wurden ja auch nicht rausgeworfen, als sie schwarze (!) Parteispenden als "jüdische Vermächtnisse" (!) deklarierten. Und Herr OETTINGER auch nicht, als er den Marine(hin)richter Filbinger zum Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime umdeutete. Und Frau STEINBACH auch nicht, als sie den Polen die Schuld am Ausbruch des 2. Weltkrieges unterschieben wollte. 
Es spricht Bände, wenn ein Parteirichter ein
derartiges Verhalten als "nicht parteischädlich" einstuft. 
Siebeke veröffentlichte ein BUCH, in dem er Hohmann zum "deutschen Dreyfus" stilisierte. Was für eine Geschichtsklitterung, und was für eine Verhöhnung der Opfer von Judenverfolgungen. Für uns ist das am Rande der Volksverhetzung!
Immer wieder wunderbar, zuzusehen, wie sich politische Brandstifter in die Opferrolle flüchten.

Die Grenzen sind fließend. Und genau DAS ist die Gefahr. Wer mit den Schmuddelkindern spielt, wird dreckig. 

So long

Der Falke




P.S.: Was ist konservativ?

Die Konservativen in Deutschland haben ihre Wurzeln völlig verloren. "Konservativ", das heißt für viele heute nur noch,
  • möglichst alles "Linke" in Bausch und Bogen zu verdammen, ohne auch nur hinzusehen
  • ein Netzwerk zu spinnen, um Kohle zu machen oder gute Jobs zu kriegen
  • der Durchökonomisierung der Gesellschaft Vorschub zu leisten
  • alles Neue erstmal abzulehnen
  • oder man wird nationalistisch-reaktionär und HÄLT sich dann für konservativ. 
Dabei hat gerade der noch heute als konservative Lichtgestalt verehrte Franz-Josef STRAUSS mal gesagt:
"Konservativ sein heißt nicht, nach hinten zu blicken, sondern an der Spitze des Fortschritts zu marschieren!". 
Wird von vielen "Konservativen" noch immer schmerzlich vermißt, 
wenngleich sie sich von ihm mit Lichtgeschwindigkeit entfernen:
Franz-Josef Strauß (1915- 1988) - Bildquelle: spiegel.de (ja, genau die!)

Es ist auch so gar nicht konservativ, die oft als verloren beklagten "Werte" der Durchökonomisierung zu opfern. Ist es nicht so, daß sich ausgerechnet viele heutige "Konservative" beklagen, daß man von vielem nur noch den Preis kennt...aber nicht den Wert? Woran liegt das wohl?

Und schließlich ist erst der ungehemmte Manchester-Kapitalismus der Gründerjahre die Quelle des Sozialismus gewesen. Wer also "konservativ" sein will, sollte durch eine soziale Komponente seines politischen Tuns das Aufkommen des "Sozialismus" verhindern helfen. Statt ihn HERVORZURUFEN. 

Und schließlich ist das Wirtschaftssystem "Soziale Marktwirtschaft", welches eine konservative Regierung in den Nachkriegsjahren in Westdeutschland installiert hat, ein Ausfluß aus dem, was die Arbeiterbewegungen seit Jahrzehnten forderten und "Das Kapital" zu geben bereit war.

Ergo: es geht nur miteinander.

P. P. S.: Und schließlich ist auch "Konservativismus" und "Orthodoxer Islam" kein Widerspruch. Herr RÜTTGERS hat 2005 die Landtagswahlen in NRW mit den Stimmen der konservativ-muslimischen Migranten aus dem Ruhrgebiet gewonnen. Die wollen nämlich eine KONSERVATIVE Partei, die WERTE vermittelt ... und daher ist ihnen das "C" auch egal!
Man muß sich nur mal das ideologische Brett vom Hirn reißen!


P. P. P. S.: Wenn sich ein neuer LASSALLE finden würde, der die so zerstrittene "Gesamtlinke" (konservativ-sozialer Flügel der Grünen, die traditionalistischen Teile der SPD, undogmatisch-pragmatische Teile der Linken, der soziale Flügel der FDP und der Arbeitnehmerflügel der CDU) EINEN würde...Frau MERKEL würde hinweggefegt. 

Wenn das mal passiert...ist das die Verantwortung derer, die sich jetzt landläufig "konservativ" nennen. 


P. P. P. P. S.: Wenn man berücksichtigt, wie weit dieses Denken schon vorgedrungen ist, wäre eine "Aktion Rechtstrend stoppen" wohl angebrachter. Die hunderttausende Plattenkäufer und Konzertbesucher beispielsweise, die nichts dabei finden, wenn sich die Süd-Tiroler Rechtsrocker "Frei.Wild" gleichermaßen vom Rechts- wie vom Linksextremismus distanzieren, und dabei nicht merken, wie hier durch die Hintertür die qualitativen Unterschiede zwischen "rechter" und "linker" Gewalt aufgeweicht werden, machen uns ANGST.





Freitag, 9. August 2013

Falsch abgebogen


Liebe Leute von von publikative:

ihr seid mit Eurer Artikelübernahme von den von uns eigentlich so geschätzten Ruhrbaronen echt falsch abgebogen. Nach rechts nämlich.

Auch wir sind stets bestrebt, versteckten Judenfeinden die Maske vom Gesicht zu reißen. Und sehen mit großer Besorgnis, wie die Mitte unserer Gesellschaft wieder vom Gift der Ausgrenzung anderer durchsetzt wird.

Wir finden den Begriff “Judenfeind” übrigens treffender. Wir halten es da mit Karlheinz Deschner: da auch Araber Semiten sind, wäre ein “Antisemit” strenggenommen auch ein Feind der Araber. Nur mal so nebenbei zur Versachlichung der Diskussion.


Zur Hauptsache: es sei hier deutlichst gesagt, daß es ja wohl nicht wahr sein kann, einen Kritiker der israelischen Siedlungspolitik als “Antisemiten” zu diffamieren. Und damit in einen Topf zu werfen mit denen, die die “…Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa…” wollten, und auch viel dafür taten!

Denn daß Herr Netanjahu Jude ist, spielt bei der Kritik an der israelischen Regierungspolitik wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Er ist in erster Linie Regierungschef! Und als solcher muß es erlaubt sein, ihn zu kritisieren. Alles andere wäre totalitaristisch.
Also: diesen Vergleich zu ziehen, noch dazu, von “Antisemiten im Wartestand” zu sprechen, und auch noch Herrn Rether miteinzubeziehen, von dem wir trotz seiner oftmals gezeigten offenen linken Haltung sehr viel halten, ist unerhört!
Und der Vergleich mit dem Hetzblatt "Stürmer"...WI-DER-LICH!

Was als Nebeneffekt dabei entsteht (und das ist das Grundübel des Artikels), ist, daß die Verbrechen der Nationalsozialisten MAL WIEDER dadurch relativiert werden. Und damit MAL WIEDER denjenigen Vorschub geleistet wird, die die NS-Verbrechen relativieren wollen:

- sei es durch die Relativierung der Kriegsschuldfrage (“Was kann ich dafür, daß Polen zuerst mobilgemacht hat?” – Erika Steinbach, CDU),

- oder durch die Umdefinierung solcher Begriffe wie “Holocaust” zu “Babycaust” durch fanatische Abtreibungsgegner oder zu “Bombencaust” bei den Gedenkmärschen der Ewiggestrigen in Dresden oder Hamburg,


- oder durch den Vergleich der Opferzahlen zwischen Hitler und Stalin (“Stalin hat ja auch 6 Millionen umgebracht”),


- oder durch den Hinweis auf die Eroberung des Westens durch die USA (“Die Amerikaner haben ja auch die Indianer fast ausgerottet”).


Sie leisten mit diesem Artikel ihrem eigenen Zweck einen Bärendienst:
durch die pauschalisierende Gleichsetzung der Kritik an der israelischen Siedlungspolitik -sei diese nun berechtigt, oder nicht- mit dem (leider) geläufigen Begriff des ANTISEMITEN verharmlosen Sie die NS-Verbrechen. 
WEM NÜTZT DAS?? Na, was glauben Sie? WEM?
Denken Sie mal drüber nach!

Und ganz am Rande: längst nicht jeder Jude ist auch Israeli, und längst nicht jeder Israeli ist auch Jude!


So long

Der Falke